Herr Hagedorn, Materna wurde 1980 gegründet und feiert dieses Jahr sein 45. Firmenjubiläum. Winfried Materna ist nach wie vor Persönliches Mitglied und war 2006-2010 Co-Moderator im Initiativkreis Ruhr. Das Unternehmen ist in dieser Zeit kontinuierlich gewachsen. Was macht Materna so erfolgreich am Markt?
Ich sehe drei große Erfolgsfaktoren bei uns: Erstens, wir sind ein Familienunternehmen. Das ermöglicht uns, wirtschaftlich nachhaltige Entscheidungen zu treffen. Außerdem sind wir innovativ, das ist der zweite Faktor. Bei innovativen Trends sind wir zwar nicht so weit, dass wir mit in die Forschung einsteigen, aber wir sehen früh das Potenzial dieser Themen für unsere Kunden, zum Beispiel bei Künstlicher Intelligenz. Der dritte Erfolgsfaktor ist unsere gelebte Teamarbeit. Alle Erfolge feiern wir als Team und das prägt unsere Zusammenarbeit seit Dekaden.
Die Entwicklungen in der digitalen Welt schreiten schnell voran. Auch Cyberangriffe nehmen zu und stellen Unternehmen, Institutionen und Behörden vor immense Herausforderungen. Business Resilience ist da ein Schlüsselbegriff geworden, der auch bei Materna im Fokus steht. Was ist darunter genau zu verstehen?
– Michael Hagedorn
Es ist ein Sammelbegriff für Themen, die notwendig sind, um sein Geschäft sicher betreiben zu können. Es ist in den letzten Jahren und Jahrzehnten eine regelrechte Cyberangriff-Industrie entstanden, die Bedrohungen werden auch durch den Einsatz von KI massiver und intelligenter. Wir haben es in diesem Zusammenhang auch mit dem Thema „Digitale Souveränität“ zu tun.
Was hat es damit auf sich?
In Europa arbeiten wir aktuell intensiv daran, unser Wertesystem in einen gemeinsamen regulatorischen Rahmen zu übertragen. Spätestens seit der Wahl von Donald Trump ist aber klar, dass die Botschaft aus den USA – besonders beim Thema KI – lautet: Wenn ihr unsere Technologien nutzen wollt, müsst ihr euch nach unseren Regularien richten. Daher schauen Unternehmen nach einer Alternative, um Abhängigkeiten zu reduzieren und Unternehmensprozesse nahtlos weiterführen zu können – also resilienter zu werden und die Hoheit über die eigenen Daten zu behalten.
Treffen die Ruhrgebietsunternehmen und -institutionen ausreichende Sicherheitsmaßnahmen, um Ihre Resilienz nach innen und außen zu stärken?
Ja und nein. Sicher sind die getroffenen Maßnahmen bisher noch nicht ausreichend. Es gibt jedoch einige positive Beispiele. So hat die Anny GmbH aus Köln gemeinsam mit STACKIT ein datenschutzkonformes Buchungssystem umgesetzt, welches in der Cloud mit den allerhöchsten Sicherheitsanforderungen bei besonders schutzwürdigen Daten gerecht wird. STACKIT gehört zur Schwarz-Gruppe um LIDL und Kaufland und bietet eine eigene, souveräne Cloud an. Alle Daten bleiben in Deutschland. Das ist ein Alternativangebot zu den US-Clouds, jedoch zeit- und kostenintensiv.
Selbstverständlich kann das nicht die Lösung für jedes Unternehmen sein und es hängt auch ab vom jeweiligen Geschäftsmodell, ob es das überhaupt braucht. Aber wir stehen jetzt an dem Punkt, wo wir – für ganz Deutschland betrachtet – entscheiden müssen, ob wir im digitalen Bereich auf Dauer nur Kunde oder auch Akteur sein wollen. Ich denke, es ist absolut notwendig, Akteur zu sein.
Mit NIS2, der EU-Richtlinie zur IT- und Netzwerksicherheit, gibt es auf EU-Ebene nicht nur neue Regularien im Bereich der bereits bestehenden kritischen Infrastruktur wie der Energie- oder Versicherungswirtschaft, sondern darüber hinaus für fast 30.000 Unternehmen und Einrichtungen, die als „essentiell“ für das Funktionieren eines Landes gelten, darunter eben auch öffentliche Verwaltungseinrichtungen. In dem Zuge werden auch im Ruhrgebiet viele Akteure gezwungen sein, sich spätestens jetzt mit Digitalisierung und Transformation zu beschäftigen und vor allem auch mit den Themen digitale Resilienz und digitale Souveränität.





