Innovation City Management: Umweltneutralität und Klimaanpassung der Städte sind die neuen Ziele

Okt 14, 2024 | Wirtschaft

Michelle Kwyas, seit 2012 Teil des Innovation City-Teams, übernahm dieses Jahr mit Kollegen Henning Stemmer die Geschäftsführung der Innovation City Management GmbH. Im Interview spricht sie über ihre Ziele in der neuen Position, aktuelle Projekte der Klimainitiative und ihr Engagement im Jungen Initiativkreis Ruhr.

Als Klimainitiative des Initiativkreises Ruhr war ‚InnovationCity Ruhr‘ 2010 mit dem Ziel gestartet, die Klimaemissionen der Modellstadt Bottrop binnen 10 Jahren um die Hälfte zu reduzieren. Ein ambitioniertes Projekt, mit erfolgreichem Abschluss – heute gilt die Modellstadt Bottrop als Klimaprojekt mit Vorbildcharakter. Seit dem Rollout 2019 hat die Innovation City Management GmbH (ICM) ihre Klimakonzepte weiterentwickelt und ist deutschlandweit federführend in kommunale Projekte zu den Themen Urbanität und Klimaneutralität eingebunden. Im Februar 2023 hat das Team aus 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein modernes und offen gestaltetes Büro bezogen, in einem sanierten Altbau in der Bottroper Innenstadt. Michelle Kwyas bildet seit April 2024 gemeinsam mit Henning Stemmer die neue Geschäftsführung – und sie hat sich viel vorgenommen: von Bottrop 2.0 bis hin zur Umweltneutralität im eigenen Unternehmen.

Frau Kwyas, seit April dieses Jahres sind Sie Geschäftsführerin der Innovation City Management GmbH, aber Sie sind schon seit 2012 im Unternehmen und waren zuletzt Personalleiterin und Prokuristin. Wie haben sich die Aufgabenfelder der ICM denn nach dem Rollout verändert und wo setzen Sie die neuen Schwerpunkte?

Seit unserem erfolgreichen Rollout im Jahr 2019 haben wir unsere Aktivitäten kontinuierlich ausgeweitet und sind mittlerweile in mehr als 30 Kommunen bundesweit mit unseren Projekten zur Energiewende von unten aktiv. Dazu zählen Sanierungsmanagements, Projekte zur Klimaanpassung oder rund um die kommunale Wärmeplanung. Wir haben außerdem mittlerweile rund 20 Quartiersbüros in ganz Deutschland nach Bottroper Vorbild. Zum Teil kamen die Kommunen sogar von selbst auf uns zu, weil sie von unseren Erfolgsprojekten gehört haben, oder wir haben gezielt auf Ausschreibungen reagiert, was unsere Akquise-Bemühungen erheblich vereinfacht hat. Dafür sind wir sehr dankbar, denn es zeigt deutlich: Unsere Produkte sind stets am Puls der Zeit und spiegeln die neuesten Trends wider. Im Jahr 2020 haben wir zusätzlich unsere eigene Energieabteilung ins Leben gerufen, die es uns ermöglicht, die Energiewende umfassend und aus der Basis heraus zu gestalten. Unser Engagement in der Entwicklung von sogenannten „Klimastädten“ bringt sowohl unseren Kunden als auch unseren Mitarbeitenden bedeutende Vorteile.
Ein zentrales Anliegen der Kommunen ist derzeit die Klimaanpassung: Es gilt, Städte und urbane Räume für extreme Wetterereignisse und die steigenden Temperaturen fit zu machen. In Anbetracht der zunehmenden Hitze- und Trockenperioden stehen alle Städte und Kommunen vor der Herausforderung, bis 2045 klimaneutral zu werden. Der KfW-Stopp in diesem Jahr wird die finanziellen Herausforderungen für die Kommunen zusätzlich verschärfen und erfordert innovative Lösungen, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen.

Seit Sommer 2022 ist die GREENZERO GmbH Ihre größte Beteiligungsgesellschaft, eine Partnerin, die es sich zur Aufgabe macht, den Weg der Umweltneutralität zu beschreiten. Wie integrieren Sie diese Konzepte bei ICM?

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Modellprojekts „InnovationCity Ruhr I Modellstadt Bottrop“ war für uns, auch durch den bereits erfolgten Rollout, klar: Wir müssen unseren Ansatz der Energiewende von unten weiter vorantreiben. Um hier erfolgreich in die Zukunft zu gehen, war die Kooperation mit GREENZERO der nächste Schritt für unser Unternehmen. Wenn wir bei ICM von Klimaneutralität im urbanen Raum sprechen, so geht GREENZERO den entscheidenden Schritt weiter auf dem Weg zur Erreichung der „grünen Null“ – ein innovativer Ansatz, der auch im kommunalen Kontext sehr spannend ist. Gemeinsam entwickeln wir innovative Projekte und Ideen, die über Klimaneutralität hinausgehen. Ein herausragendes Beispiel aus dem Ruhrgebiet ist das Projekt „Urban Zero“ in Duisburg-Ruhrort, das im Auftrag der Projektgesellschaft, bestehend aus Haniel und GEBAG, im Schulterschluss von GREENZERO und der ICM realisiert wird. Urban Zero ist ein weltweit einmaliger Versuch, ein urbanes Quartier in nur wenigen Jahren so zu transformieren.
Das Unternehmen Haniel, das seinen Hauptsitz in Ruhrort hat, spricht von „Enkelfähigkeit“, dem Bestreben, unseren Nachkommen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen. In unserer Kooperation mit GREENZERO sind wir als ICM für die Konzepterstellung verantwortlich. Wir erarbeiten einen detaillierten Realisierungsfahrplan und führen die erforderlichen Analysen im Vorfeld durch: In Ruhrort haben wir so den ersten ökologischen Fußabdruck eines urbanen Quartiers angelegt. Anschließende Reduktionsmaßnahmen und Renaturierungsmaßnahmen zielen darauf ab, den Fußabdruck deutlich zu verringern und nicht weiter vermeidbare Umweltwirkungen eins zu eins in Begrünungsmaßnahmen zu investieren.
Das Leistungsspektrum von GREENZERO reicht von umfassenden Analysen bis hin zur Reduktion von Umweltbelastungen, mit dem klaren Ziel, bis 2029 Umweltneutralität zu erreichen – also die Umweltwirkungen auszugleichen und damit die „grüne Null“ zu verwirklichen. Dies ist ein äußerst ambitioniertes Vorhaben und wir als ICM tragen es in den kommunalen Raum.

Das Projekt InnovationCity Ruhr in der Modellstadt Bottrop war so erfolgreich, dass andere Städte und Regionen das Konzept übernommen haben, zum Teil weit über die Grenzen des Ruhrgebiets hinaus. Wo finden wir das Konzept aus Bottrop nun inzwischen überall, und gibt es irgendwo ein „zweites Bottrop“?

Wir haben zwar kein neues Bottrop geschaffen, in einigen Kommunen sind wir jedoch in mehreren Quartieren unterwegs – in Oberhausen beispielsweise in drei Quartieren. Bundesweit haben wir unsere Expertise eingesetzt, um das Konzept einer Energiewende von unten zu ermöglichen. Dies geschieht tatsächlich quer durch Deutschland, von Eutin über Hamburg, Berlin – wo wir im Auftrag des Senats und der Berliner Energieagentur tätig sind – bis hin zu Frankfurt und München. In Frankfurt sind wir sogar persönlich an der Umsetzung des Konzepts beteiligt. In Berlin setzen wir das Bauinfobüro nach Bottroper Vorbild um. Auch wenn wir bereits über die Grenzen hinaus arbeiten: Das Ruhrgebiet bleibt unser zentraler Anker. GREENZERO hat seine Unternehmensstandorte von Aachen, Wiesbaden und München nach Bottrop verlegt, sodass wir nun alle direkt vor Ort zusammenarbeiten.
Heute geht es nicht nur um die CO2-Emission, sondern eben die grüne Null. Gewissermaßen könnte Ruhrort im übertragenen Sinne als Bottrop 2.0 bezeichnet werden.“

Sie sind nicht nur Geschäftsführerin der ICM, sondern auch Mitglied im Jungen Initiativkreis Ruhr. Warum engagieren Sie sich hier persönlich?

Michelle Kwyas, Geschäftsführerin der Innovation City Management GmbH

Neben ihrer Position bei Innovation City Management ist Michelle Kwyas fast seit Gründung des Jungen Initiativkreises Ruhr Mitglied in unserem jungen Business-Netzwerk.

Ich identifiziere mich vollkommen mit den Werten und Ideen des Jungen Initiativkreises. Vor fünf Jahren bin ich beigetreten, damals als Personalleiterin der Innovation City Management GmbH. Es war für mich eine großartige Gelegenheit, im Mentoringprogramm meine Erfahrungen, Tipps und Tricks weiterzugeben und gleichzeitig von der Expertise der anderen Mitglieder zu lernen. Das Programm lief letztes Jahr aus, aber es hat mir und hoffentlich auch meinen Mentees viel gebracht.
Solche Initiativen gibt es meiner Meinung nach viel zu selten: Junge Menschen in Führungspositionen, die beispielhaft zeigen, dass auch andere junge Talente im Ruhrgebiet Karriere machen können. Wir engagieren uns zudem ehrenamtlich in Projekten des Initiativkreises und treiben eigene Initiativen voran. Ich wüsste nicht, ob es deutschlandweit ein vergleichbares Netzwerk gibt, das sich so intensiv für seinen Standort einsetzt. Die Projekte mit der Urbanen Zukunft Ruhr und den Kindern im Blauen Haus in Duisburg-Hochfeld sind hervorragende Beispiele dafür. Leider befinde ich mich auf Abschiedstournee: Ende des Jahres feiere ich meinen Geburtstag und überschreite die magische Grenze, sodass ich aus dem Jungen Initiativkreis Ruhr ausscheiden werde. Aber ich werde selbstverständlich dafür sorgen, dass es eine geeignete Nachfolge gibt.

Hat sich Ihr persönliches Verhalten in Sachen Klimaneutralität und Umweltschutz eigentlich verändert, seitdem Sie sich beruflich für Klimaziele einsetzen?

Ja, bevor ich bei ICM angefangen habe, habe ich mich zwar aus persönlichem Interesse mit dem Thema beschäftigt, aber ich hatte noch nicht aktiv mein Konsumverhalten geändert oder meinen Energieverbrauch messbar gesenkt. Durch meine Arbeit bei ICM habe ich jedoch eine ganz neue Perspektive auf Klima, Umwelt und Energieeinsparung gewonnen und meinen Blick dafür geschärft. Heute kenne ich meinen eigenen ökologischen Fußabdruck viel besser. Ich weiß, in welchen Bereichen ich bereits gut abschneide und wo ich noch Verbesserungspotenzial habe.
Das Führungsteam von ICM und GREENZERO hat sich das Ziel gesetzt, gemeinsam umweltneutral zu werden. Hierzu haben wir in einem ersten Schritt unseren ökologischen Fußabdruck ganzheitlich zu messen. Nun folgt eine umfangreiche gemeinsame Reduktionsreise. Alles, was wir nicht selbst reduzieren können, möchten wir lokal kompensieren und renaturieren. Spannend wäre, dies direkt hier am Gebäude oder im der nahen Umgebung umsetzen zu können. So würden wir direkt von den Renaturierungsmaßnahmen profitieren und damit eindrücklich beweisen können: Es lohnt sich in vielerlei Hinsicht, in Balance mit der Umwelt zu handeln.

Wo müssen Sie selbst noch nachjustieren?

Beim Thema Mobilität sehe ich noch Optimierungsbedarf. Während ich das Auto oft stehen lasse, habe ich beim Fliegen noch Nachholbedarf. Ich suche nun verstärkt nach Urlaubszielen in Europa, die ich auch mit der Bahn oder dem Auto erreichen kann. Dabei habe ich festgestellt, dass dies kein Verzicht bedeutet, sondern vielmehr ein Umdenken erfordert. Auch bei Lebensmitteln habe ich meine Gewohnheiten hinterfragt. Erdbeeren im Winter zu kaufen, ist einfach nicht nachhaltig.
Um das Bewusstsein im Team zu fördern, haben wir hier im Büro eingeführt, jeden Mittwoch gemeinsam vegan oder vegetarisch zu kochen. Diese Initiative macht bereits einen Unterschied, und das gesamte Team profitiert davon.