Mehr Förderung für Hochfeld: Lernpaten unterstützen jetzt zwei Grundschulen

Die Lernpat:innen des Duisburger Mercator-Gymnasiums helfen den Grundschulkindern am Hochfelder Markt nicht nur bei den Hausaufgaben, sondern unterstützen auch im Alltag. Fotocredit: UZR.
Wenn Jennifer Poschen über ihre Schule spricht, klingt das nicht nach Resignation, sondern nach Haltung. „Love it or leave it“, sagt sie, wenn sie von den Herausforderungen am Hochfelder Markt erzählt. Ihre Stimme ist klar, ihre Haltung ebenso. Ab Juni bekommen Poschen und ihr Team Unterstützung: nicht in Form von zusätzlichem Lehrpersonal, sondern von jungen Vorbildern, den „Hochfelder Lernpaten“. Das Projekt, das an der Grundschule Brückenstraße seit einem Jahr läuft, wird ausgeweitet. Schülerinnen und Schüler des Mercator-Gymnasiums unterstützen künftig auch an der Schule am Hochfelder Markt – bei den Hausaufgaben, beim Deutschlernen und bei der Bewältigung des Schulalltags.
An der Brückenstraße war der Effekt des Projekts sichtbar: nicht nur auf dem Zeugnis, sondern auch in Gesichtern, Gesten, Gesprächen. Kinder, die sich vorher zurückgezogen hatten, meldeten sich plötzlich im Unterricht. Die Paten, die selbst aus Hochfeld kommen, wurden zu Vorbildern für Kinder, denen es an Orientierung fehlte. Deswegen ist Katrin Agte von der Grundschule Brückenstraße hörbar begeistert vom Lernpatenprojekt. „Alles in diesem Projekt ist Förderung“, sagt die Schulleiterin, „viele Erst- oder Zweitklässler haben noch nie einen Würfel oder Brettspiele gesehen, Püppchen in der Hand gehabt. Und wenn sie dann die Farben anhand des Spiels ‚Obstgarten‘ lernen, dann ist das ein riesiger Fortschritt.“
Am Mercator-Gymnasium ist das Projekt längst mehr als ein Nebenjob. Es hat sich herumgesprochen, wie viel es bewirkt und wie viel es zurückgibt. „Wir haben inzwischen eine Warteliste“, sagt Nils-Christoph Ebsen, Geschäftsführer der Urbanen Zukunft Ruhr GmbH (UZR). Die neuen Lernpaten werden bewusst mit erfahrenen „alten Hasen“ kombiniert. „So entsteht sofort Wirkung – und eine echte Gemeinschaft.“ Für die Schülerinnen und Schüler an beiden Grundschulen geht es oft um weit mehr als das Alphabet oder Rechenaufgaben. „Viele starten ins erste Schuljahr, ohne ein Wort Deutsch zu sprechen“, sagt Poschen. „Wir reden hier über Kinder mit Entwicklungsständen von Drei- bis Vierjährigen. Und Familien, die manchmal erst lernen müssen, Bildung zu schätzen.“
Poschen weiß, wovon sie spricht. Sie kennt den Stadtteil gut. Als man ihr nach dem Referendariat sagte: „Es tut uns leid, Sie kommen nach Hochfeld“, antwortete sie: „Das braucht Ihnen gar nicht leidzutun.“ Ihre Haltung prägt das Familiengrundschulzentrum. „Hier geht es in den Familien teilweise um die nackte Existenz“, sagt sie. „Wir brauchen manchmal acht bis zehn Jahre, bis Eltern Bildung als etwas Wichtiges erleben.“ Und dennoch: „Wenn man diese Arbeit aus tiefster Überzeugung macht, kann sie sehr glücklich machen.“
Mit der Ausweitung auf die zweite Grundschule wächst das Projekt nicht nur zahlenmäßig, sondern auch strukturell. Es zeigt, dass Engagement von Jugendlichen, getragen durch professionelle Begleitung, eine nachhaltige Wirkung entfalten kann, besonders dort, wo andere Systeme an ihre Grenzen kommen. Die Lernpaten kommen täglich von Montag bis Donnerstag für anderthalb Stunden. „Was wie ein kleines Zeitfenster klingt, ist für viele Kinder ein entscheidender Moment. Ein Moment von Aufmerksamkeit, Zuwendung, Zugehörigkeit“, sagt Maximilian Keiser, Projektleiter bei der UZR.
Hintergrund: Das Projekt Hochfelder Lernpaten
Das Projekt wurde 2023 von der Urbanen Zukunft Ruhr GmbH ins Leben gerufen und wird an der GGS Brückenstraße und nun auch am Familiengrundschulzentrum Hochfelder Markt umgesetzt. Lernpaten, Schülerinnen und Schüler des Mercator-Gymnasiums, begleiten Grundschulkinder beim Lernen, Spielen, Lesen. Die Paten stammen oft selbst aus dem Stadtteil und kennen die Herausforderungen. Unterstützt wird das Projekt durch die Edeka-Zukunftsstiftung, die EGON-Stiftung und weitere Förderpartner.